Donnerstag, 6. Juli 2023

[ #textilien ] Baumwolle – der Stoff, der die Wüste macht

Die dramatischen Folgen der Wasserentnahme für den Baumwollanbau zeigen sich eindrucksvoll in Usbekistan. Das einstmals viertgrößte Binnengewässer der Erde ist heute in viele kleine Teile zerfallen und droht als Salzsteppe zu enden.

Baumwolle ist die mit Abstand am häufigsten eingesetzte Naturfaser für Kleidungsstücke. Die Herstellung von Bekleidung aus Baumwolle ist jedoch mit erheblichen Umweltbelastungen verbunden. Diese entstehen sowohl beim Anbau von Rohbaumwolle als auch bei deren Verarbeitung in der Textilindustrie. Die Rohbaumwolle hat beim Anbau einen sehr hohen Wasserbedarf und auch bei der Garnherstellung und der weiteren Verarbeitung werden große Mengen an Prozesswasser benötigt. Zudem entstehen durch den Einsatz von Chemikalien beim Anbau der Baumwolle (Düngemittel, Pestizide) und in der Verarbeitung (beim Bleichen, Färben, Bedrucken) große Mengen an verschmutzten Abwässern.

8,5 Tonnen Wasser für eine Tonne Baumwollfaser. Der Wasserbedarf der Rohbaumwolle hängt maßgeblich von den klimatischen Bedingungen in den Anbauländern ab. Bei den vier größten Anbauländern China, Indien, Vereinigte Staaten und Pakistan unterscheidet sich der Wasserbedarf der Baumwollpflanze – das ist das gesamte Wasser, das die Pflanze verdunstet – um den Faktor 4 (zwischen 2 000 Kubikmeter je Tonne Rohbaumwolle in China und 8 700 Kubikmeter in Indien). Im weltweiten Durchschnitt ergibt sich in Bezug auf die geerntete Rohbaumwolle ein spezifischer Wasserbedarf von rund 3 600 Kubikmeter je Tonne, in Bezug auf die daraus hergestellte Baumwollfaser ein Wasserbedarf von 8 500 Kubikmeter je Tonne. Rund die Hälfte des beim Anbau benötigten Wassers wird weltweit durch Niederschlagswasser (sogenanntes "grünes" Wasser), die andere Hälfte durch Bewässerungswasser aus Fließgewässern oder Grundwasser ("blaues" Wasser) abgedeckt. Diese Anteile unterscheiden sich jedoch zwischen den Anbauländern erheblich: Beispielsweise wird der Wasserbedarf in Indien überwiegend durch Niederschlagswasser, in Pakistan dagegen überwiegend und in Ägypten sogar ausschließlich durch Bewässerungswasser gedeckt.

Umweltbelastung. Das Bewässerungswasser verursacht in den Anbauländern – im Unterschied zum Niederschlagswasser – eine Reihe von erheblichen Umweltbelastungen. Sofern es Fließgewässern entnommen wird, führt es zu Eingriffen in bestehende Ökosysteme, die oftmals mit einer abnehmenden Regenerationsfähigkeit der Gewässer, mit einem Rückgang der Artenvielfalt, Versalzung der Böden und/oder einer Absenkung des Grundwasserspiegels verbunden sind. Wenn Bewässerungswasser durch Stauung von Fließgewässern – also durch Dammbauten – gewonnen wird, dann werden noch weitergehende gravierende Eingriffe in die Fliessgewässer und die Kulturlandschaft vorgenommen.

Aralkum: Die Verwüstung. Die dramatischen Folgen der Wasserentnahme für den Baumwollanbau zeigen sich beispielsweise eindrucksvoll in Usbekistan. Durch die Wasserentnahme aus den Zuflüssen des Aralsees ist das einstmals viertgrößte Binnengewässer der Erde heute in viele kleine Teile zerfallen und droht als Salzsteppe zu enden. Der östliche Teil ist bereits völlig ausgetrocknet und es entstand eine Wüste mit dem Namen Aralkum. Die intensive Wasserentnahme seit mehr als fünfzig Jahren gilt weltweit als eine der größten vom Menschen verursachten Umweltkatastrophen – nicht zu vergessen die damit verbundenen gesundheitlichen Folgen für die dort lebenden Menschen. Auch durch das in der Verarbeitung benötigte Prozesswasser entsteht ein weiterer Bedarf an blauem Wasser. Dieses liegt anteilig mit circa 17 % des gesamten blauen Wassers von Textilerzeugnissen allerdings deutlich niedriger als das beim Anbau benötigte blaue Wasser.


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