Dienstag, 1. Dezember 2015

[ #verbraucher ] Österreichische Studie: Moggelei um Norm- und Realverbrauch von PKW - Fußganger zahlen mit

Das österreichische Umweltbundesamt hat im Auftrag der Arbeiterkammer untersucht, wie groß die Differenzen bei Verbrauch bzw. CO2 Emissionen zwischen Realbetrieb und Typprüfmessung in der Österreichischen Neuwagenflotte sind. Hierfür wurden für die Jahre 2000 bis 2013 für die jeweils zulassungsstärksten 30 Fahrzeuge die Verbrauchsangaben der Hersteller mit Realverbrauchsdaten verglichen.

Mogelpackung Verbrauch. Der Abstand zwischen den offiziellen Verbrauchsangaben für die Fahrzeuge und dem realen Verbrauch hat  deutlich zugenommen: Im Jahr 2000 lag die Differenz zwischen Testangaben und Realverbrauch der zulassungsstärksten Fahrzeuge  bei 7 Prozent, bis 2013 erhöhte sich der Abstand auf 27 Prozent.

Grund für diese Abweichung sind realitätsferne Fahrzyklen, die in den Verbrauchstests zu absolvieren sind. Diese spiegeln reales Fahrverhalten (speziell Beschleunigung und Höchstgeschwindigkeit) nur unzureichend wieder. Höhere Motorlasten werden u.a. in den bestehenden Tests kaum abgefragt. Weitere Einflussfaktoren, wie etwa tiefe Temperaturen, werden nicht berücksichtigt. Zusätzlich zu der mangelnden Abbildung realer Betriebsbedingungen verfügen moderne Fahrzeuge über elektronische Motorsteuerungen, die eine gezielte Adaptierung des Fahrzeugs an den Prüfzyklus ermöglichen. Hierdurch werden im Testbetrieb niedrige Verbrauchs- und Emissionswerte erzielt, die im Realbetrieb teils weit überschritten werden.

Dass in den vergangenen Jahren die Schlupflöcher in den Prüfverfahren nicht beseitigt wurden, ist auf die starke Lobby der Autoindustrie in Deutschland und in Brüssel zurückzuführen. Die Lobbyausgaben der Automobilkonzerne und ihrer Verbände in Brüssel werden insgesamt auf mehr als 18 Millionen Euro pro Jahr geschätzt. Strengere Abgaswerte und Kontrollsysteme seit den 90er Jahren wurden verhindert, verwässert und verzögert.

Saure Stickoxide. Bei den Stickoxid-Emissionen der PKW sind ebenso Abweichungen zwischen Test- und Realbetrieb festzustellen. Die ab dem Jahr 2010 geltenden Immissionsgrenzwerte für Stickstoffdioxid (NO2) in Österreich können an vielen verkehrsnahen Messstellen nicht eingehalten werden. Wie die Messungen der letzten Jahre zeigten, haben NOx-Emissionen und  die Konzentrationen in der Umgebungsluft nicht in dem Ausmaß abgenommen wie es die Abgasgesetzgebung ursprünglich erwarten ließ. Dies ist u.a. auf die Diskrepanz zwischen Emissionsgrenzwerten und Testergebnissen unter Laborbedingungen und den Fahrzeugemissionen im realen Fahrbetrieb zurückzuführen.

Auch Fußgänger zur Kasse gebeten. Die Einhaltung der Kyoto-Ziele wäre Österreich leichter gefallen, wenn die Pkws in Österreich nur so viel des klimaschädlichen Kohlendioxids ausgestoßen hätten, wie angegeben, nämlich zwischen 2008 und 2012 rund 6,3 Millionen Tonnen. Das hätte den Österreichischen SteuerzahlerInnen rund 39 Millionen Euro an Zahlungen für Emissionszertifikate erspart. Die Lücke zwischen der offiziellen EU-Abgasnorm und den tatsächlichen Stickoxidemissionen (NOx-Emissionen) eines Diesel-Pkw ist ebenso erheblich. Für Österreich resultieren daraus 25.000 von 144.000 Tonnen  NOx-Emissionen im Jahr 2010. Das macht alleine 438 Millionen Euro an Folgekosten für die Allgemeinheit aus, etwa für Gesundheitskosten, Arbeitsausfall, Versauerung von Böden, wenn nach anerkannten Kostensätzen der EU-Kommission gerechnet wird.

Schwindelerregende Schwindelkosten. Wenn die Herstellerangaben gestimmt hätten, hätte sich die österreichische Volkswirtschaft 900 Millionen an Spritkosten im Jahr 2013 und allein für das Jahr 2010 fast 438 Millionen Euro an Folgekosten wegen abweichender Stickoxidemissionen durch Diesel-Pkw erspart.

Die Österreichische Arbeiterkammer fordert daher:
  • Die EU muss den neuen Prüfzyklus WLTC rasch einführen und reale Emissionen und Fahrbedingungen dabei berücksichtigen 
  • Effektive Kontrollen auf EU- und nationaler Ebene müssen aus einem Guss sein: Wer was kontrolliert, darf nicht länger von den Pkw-Herstellern bestimmt werden. Stichprobenprüfungen der Herstellerangaben müssen auch nach der Pkw-Typisierung erfolgen 
  • Bisher liefern vor allem die Autohersteller selbst die technische Expertise für die EU-Gesetzgebung. Das muss sich ändern. Es braucht mehr unabhängige Expertise bei den Behörden und mehr Beteiligung von Umwelt- und Konsumentenschutzorganisationen. 
  • Bisher blockiert vor allem Deutschland eine neue und einheitliche EU-Umweltkennzeichnung beim Autokauf. Diese muss jetzt endlich kommen, damit die KonsumentInnen faire und leichter verständliche Informationen bekommen.
[ #vorkoster ]


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