Dienstag, 27. September 2022

[ #rezepte ] Kochen wie die Römer - Oder: Vom Beginn der Kochbücher


Heute überschwemmen uns Kochbücher über beinahe alle exotischen Küchen. Was gab es in der römischen Küche und wie "kocht" man das heute? Vielleicht geht die Entwicklung ja wieder zurück zu den Wurzeln. Aber wie war das noch gleich, mit den Anfängen des Kochbuchs?

Kochen wie die Römer. Mit der Eroberung des Alpen- und Bodenseeraumes durch die Römer im Jahre 15 v.Chr. beginnt für unseren Raum die Frühgeschichte. Die Inschrift über den Alpenfeldzug von Drusus und Tiberius auf dem Siegesdenkmal in La Turbie bei Monaco nennt unter anderen die Brigantier (Brigantium - Bregenz) und die Vennoneten (Vinomna - Rankweil). Zur Zeit des Römischen Reiches war das heutige Rankweil unter dem Namen "Vinomna" ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt, an dem die befestigten römischen Straßen zusammenliefen, unter anderem die Hauptverkehrsstraße von Chur nach Augsburg.

 

Wann tatsächlich das erste Kochbuch geschrieben wurde, ist wie vieles andere unbekannt. Als einer der ersten gilt Archestratus, dessen Buch aus dem 4. Jahrhundert v. Chr. allerdings verschollen ist. Erhalten dagegen ist die antike Rezeptsammlung von Marcus Gavius Apicus aus dem 1. Jhd. v. Chr. Die "Kochkunst in 10 Bänden" (De re coquinaria libri decem) entsprechen einer gehobenen Küche im Mittelmeerraum und sind nicht unbedingt repräsentativ für das, was die Menschen im Allgemeinen gekocht, gegessen und getrunken haben. Die einfachen Leute mussten wohl meist mit einfachem Getreidebrei (puls) Vorlieb nehmen.


De re coquinaria. Das Apicius Kochbuch (De re coquinaria) ist eines der ältesten überlieferten Kochbücher der Welt überhaupt. Die einzige Fassung, die noch vorhanden ist, stammt aus einer Nachbearbeitung aus dem 3. oder 4. Jahrhundert n.Chr.. Es sprechen verschiedene Tatsachen dafür, dass dieses Kochbuch nicht aus einem Guss, sondern von verschieden Autoren bearbeitet und ergänzt wurde und sogar verschiedene Quellen vorhanden waren. Dass Marcus Gavius Apicius selber Rezepte in schriftlicher Form veröffentlicht hat, gilt als erwiesen. Ob seine Rezepte wirklich Grundlage für das Kochbuch "De re coquinaria" ist allerdings nicht sicher.

De honesa voluptate. Erst im 14. und 15. Jahrhundert kommt das Verfassen von Kochbüchern in weiterem Umfange auf. Unzweifelhaft hängt dies sowohl mit der Erfindung des Papiers als auch mit Gutenbergs beweglichen Lettern zusammen. Aber es gibt auch eine andere Linie: In der Zeit des 12. und 13. Jahrhundert entwickelte sich an den Höfen eine gewisse Esskultur, die damit einherging, erste Tischsitten zu postulieren. In der Folge entstanden Regeln für das kunstgerechte Tranchieren, die Gabel fand ihren Einzug auf die Tafel und schließlich entwickelte sich so etwas wie die "Lehre der richtigen bürgerlichen Lebensführung", die stark mit der Kochkunst und Tischkultur verknüpft war.


Ein wichtiges Kochbuch aus dieser Zeit, das auch mitunter als das erste gedruckte Kochbuch bezeichnet wird, ist das 1474 in Italien von Bartolomeo Platina verfasste "De honesa voluptate". 1542 wurde es auch in die deutsche Sprache übersetzt und hieß: "Von der Ehrlichen ziemlichen auch erlaubten Wollust des Leibs". Die Kochbücher dieser Zeit haben mit den heutigen Rezeptsammlungen wenig zu tun, wohl aber mit der relativ neuen Gattung der gesundheitsbezogenen Kochbücher: Platinas Buch enthielt etwa eine umfassende Lehre von der richtigen Lebensführung. Die Kochbücher des 15. Jahrhunderts richteten sich allerdings ebensowenig an das gemeine Volk wie des Römers Apicius "De re coquinaria". Sie wandten sich vielmehr an die Köche, die im Dienste eines Adeligen standen. So stößt man in den Büchern auf Formulierungen wie "bring dem Herrn" oder "gib dem Herrn". Auch das Fehlen jeglicher Mengenangaben in vielen Kochbüchern deutet darauf hin: Die Aufgabe des Kochs wurde kreativ und experimentell begriffen. Er sollte sich nicht zu sehr an starre Rezepturen halten.

Küchenmeistery. Im 17. Jahrhundert warf man schließlich den "gesundheitlichen Ballast" der Kochbücher "über Bord" und stellte nun den Genuss der Speisen und die repräsentativen Zwecke die die Essen bei Hof hatten in den Vordergrund. So findet man in diesen Kochbüchern Rezepturen, in denen Bären, Pfauen, Kraniche und Adler zubereitet werden sollten. Das erste gedruckte deutsche Kochbuch ist das 1485 erschienene "Küchenmeistery". Es wurde bis in das 16. Jahrhundert immer wieder aufgelegt. Der Verfasser ist nicht bekannt. Es wird aber vermutet, dass es der Koch eines fürstlichen Hofes war. Auch die "Küchenmeistery" wendet sich an die höheren Stände. Einfache Rezepte fehlen ganz.

Igel, Pfauen und Bären. Die weitere Entwicklung der deutschen Kochbücher ist sehr eng mit drei Kochbüchern des 16. Jahrhunderts verknüpft. Max Rumpolt, Mundkoch eines Mainzer Kurfürsten, widmet sich noch der herrschaftlichen Küche. Die Menüvorschläge für kaiserliche Majestäten, Kurfürsten und Erzherzöge umfassen meist drei Gänge mit bis zu dreißig Speisen. Für die niedrigeren Stände schlägt er weniger Speisen vor. Bei der Auswahl der Lebensmittel hält er sich an die Vorschläge der italienischen und französischen Kochbücher: So sind Igel, Pfauen und Bären auch bei ihm zu finden.

Frauen schreiben: Anna Wecker. Das Kochbuch von Anna Wecker, das erste gedruckte Kochbuch einer Frau (!), richtet sich erstmals an die Hausfrauen der privaten Haushalte. Sie widmet sich in ihrem Buch auch "Kranken und Pflegebedürftigen" und die Rezepte enthalten weniger Fleisch, dafür aber mehr Gemüse, Getreide und Mandeln. Im 17. und 18. Jahrhundert entwickelte sich in Deutschland der städisch-bürgerliche Kochstil allmählich zu seiner vollen Blüte. Kochbücher wurden nun auch immer mehr von Frauen verfasst. 1844 erschien Henriette Davidis "Praktisches Kochbuch", ein regelrechter Bestseller.

[ #VORkoster ]

1 Kommentar:

Unknown hat gesagt…

Schöner Artikel. Bin ein großer Fan von der römischen Küche. Insbesondere von Gabius Aspicius. Ich blogge über Spargel und habe auch einen Artikel über Küche in Rom und Spargel geschrieben. Würde mich über Feedback freuen!